Steinbruchbetreiber wittern Morgenluft
Hagen soll auf breiter Front abgegraben werden. Denn neben den Erweiterungsvorhaben der Steinbrüche in Ambrock und Halden haben jetzt auch die Hohenlimburger Kalkwerke offiziell Erweiterungsbedarf angemeldet. 12 Hektar sollen auf dem Ahm abgebaut werden.
Offenbar scheint die Zeit günstig für Naturopfer. Wie sonst ließe sich erklären, dass gleich an drei Standorten der Erhalt von Arbeitsplätzen ins Feld geführt wird, um mächtige Löcher in die westfälische Landschaft graben zu können. Dabei ist die Erweiterung des Steinbruchs in Ambrock ohne größere Widerstände jüngst über die Bühne gegangen.
Fast zur gleichen Zeit hatte Rheinkalk den Erweiterungsantrag im Hagener Rathaus abgegeben. Bekanntlich will man in Halden 22 Hektar Naturschutzgebiet bis deutlich unter Lenne-Niveau abgraben.
Am Montag folgte der nächste Streich. Die Hohenlimburger Kalkwerke kündigten Erweiterungsbedarf an. Und das, obwohl der letzte Erweiterungs-Antrag erst vor sieben Jahren positiv beschieden worden war. Noch im Mai 2004 hatten die Geschäftsführer in einem Schreiben an die Stadt Hagen angeführt, dass ein weiterer Antrag vermutlich erst in zehn Jahren gestellt werden müsste.
Seit Montag ist das alles Makulatur. "Wegen der langen Bearbeitungszeiten durch die Behörden, wollen wir frühzeitig einen Antrag stellen", erläuterte HKW-Geschäftsführer Christian Lange. Wie lange die genehmigten Vorräte für den Fortbestand des Unternehmens noch ausreichen würden, wollte der Unternehmer nicht sagen. Aber: "Wir haben eine Abbaugenehmigung bis 2025, so lange reicht die Rohstoffsituation nicht." Bei dem ungewöhnlichen Termin am Montag im Hagener Rathaus wurden die Hohenlimburger ausgerechnet von Rheinkalk-Vertretern begleitet. Und das hat Gründe. Denn die geplante Erweiterungsfläche, die zu großen Teilen auf Letmather Gebiet liegt, gehört nicht den Kalkwerken, sondern Dolomit. Vor Jahrzehnten hatten die Haldener diese Fläche angekauft.
Aktuell könnte dieses Gelände im Bereich des "Ahm" durchaus auch als vorzügliche Ausgleichsfläche für die Dolomit-Erweiterung herangezogen werden. Immerhin will Rheinkalk 27 ha rund um die alte Hofestelle "Ahmer Bauer" für Ausgleichsmaßnahmen nach Landschaftsschutzgesetz nutzen. Weil das bei weitem nicht ausreicht, um den Eingriff in Natur und Landschaft in Herbeck zu kompensieren, bietet Rheinkalk ein Ersatzgeld an. 1,06 Millionen Euro sollen in die Kasse des Forstamtes Schwerte fließen.
"Aus Rücksicht auf den Hohenlimburger Mitbewerber HKW haben wir die weiteren Flächen am Ahm nicht für Ausgleich und Ersatz angeboten", erklärte Rheinkalk-Ingenieur Uwe Stichling auf Anfrage. Die Anregung für dieses Vorgehen sei von der Stadtverwaltung gekommen.
Unabhängig davon scheint fraglos, dass es sich auf der Hagener Stadtgrenze um einen erstklassigen Kompensationsraum handelt. Im Rheinkalk-Antrag heißt es dazu: "Die Flächen sind in ihren naturräumlichen Grundzügen mit dem Eingriffsraum vergleichbar." Will sagen: Am Ahm ließen sich ähnliche Lebensräume schaffen, wie sie in Herbeck verloren gehen könnten.
Hagens Umweltdezernenten Dr. Christian Schmidt, der gleichzeitig auch Chef der Hagener Wirtschaftsförderung ist, begrüßt diesen Ansatz. "Es macht keinen Sinn, eine Fläche erst aufzuforsten, wenn sie in 15 Jahren doch abgegraben wird. Dann nämlich wäre ein doppelter Ausgleich nötig."
von Torsten Berninghaus
Westfalenpost, 21.09.2005
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