Einigung ist nicht in Sicht
Seit die Pläne von Rheinkalk zur Erweiterung des Dolomitsteinbruchs in Herbeck bekannt sind und öffentlich im Rathaus ausliegen, laufen Umweltschützer und Anwohner gegen das Vorhaben Sturm. Am Donnerstagabend folgten deutlich mehr als 150 Bürger der Einladung der Bürgerinitiative "Rettet den Haßleyer Wald", um sich in der Realschule Emst über geeignete Maßnahmen gegen die Erweiterung zu informieren. Kern der Auseinandersetzung ist die Frage, ob das älteste Hagener Naturschutzgebiet wirtschaftlichen Interessen geopfert werden darf.
Gut 17 Hektar der für die Erweiterung vorgesehene Fläche von 21 Hektar sind als besonders schützenswertes Gebiet im Sinne der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FHH-Richtlinie) der Europäischen Union ausgewiesen. Die FFH-Richtlinie hat zum Ziel, wildlebende Arten und deren Lebensräume durch die europaweite Vernetzung dieser Lebensräume zu sichern und zu schützen.
Was den Haßleyer Wald so schützenswert macht, erklärte Ralf Blauscheck vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): "Bei dem Haßleyer Orchideen- und Kalkbuchenwald handelt es sich um ein seit der Eiszeit auf den Überresten eines uralten Korallenbestandes gewachsenes, sehr kompliziertes Umweltsystem. Die Buchen sind bis zu 150 Jahre alt und bieten Lebensraum für zahlreiche - zum Teil seltene - Tier- und Pflanzenarten." In ganz Nordrhein-Westfalen sind nur noch etwa 500 Hektar Kalkbuchenwälder vorhanden.
Thomas Hülsenbeck, Sprecher der Bürgerinitiative, unterstrich noch einmal die Bedeutung des Haßleyer Waldes als Naherholungsgebiet für die Hagener Bürger, insbesondere für Familien, Senioren, Sportler und Hundebesitzer. Probleme sieht Hülsenbeck auch im Hinblick auf den Wasserhaushalt. Rheinkalk müsse nach der Erweiterung jährlich etwa 6 Millionen Kubikmeter Grundwasser abpumpen. Die Folgen seien für das Gebiet unabsehbar.
Die Verantwortlichen von Rheinkalk gaben sich trotz der Bedenken selbstbewusst. "Wir haben eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt und gehen von der Genehmigungsfähigkeit aus", erklärte Uwe Stichling von Rheinkalk. Betriebsratsvorsitzender Peter Arnusch fügte mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen hinzu: "Man muss auch an die Beschäftigten und die Sicherung ihrer Arbeitsplätze denken. Rund 250 Personen sind am Standort beschäftigt. Dazu hängt noch einmal die drei- bis vierfache Zahl an Arbeitsplätzen von unserem Betrieb mittelbar ab."
In der Erweiterung des Steinbruchs sehen die Mitglieder der Bürgerinitiative dagegen keine Garantie für die langfristige Sicherung von Standort und Arbeitsplätzen. Es sei nicht auszuschließen, dass sich der Markt verändere und der Betrieb in der Donnerkuhle trotz der Erweiterung kurzfristig eingestellt werde. Zudem sprächen die Pläne von Rheinkalk, als reines Tochterunternehmen eines belgischen Konzerns, auch vom Einsatz ausländischer Subunternehmer, was positive Auswirkungen auf den Hagener Arbeitsmarkt in Frage stelle.
Eine Einigung zwischen Rheinkalk und Bürgerinitiative ist nicht in Sicht. Die Bürgerinitiative rief daher dazu auf, sich schriftlich beim Umweltamt gegen die Erweiterung auszusprechen. Am 16. November endet die Einwendungsfrist gegen die geplante Erweiterung. Danach findet innerhalb von drei Monaten ein Diskussions- und Erörterungstermin mit den betroffenen Parteien statt. Die Ergebnisse der Erörterung werden in der Folgezeit von der Verwaltung ausgewertet und in eine Verwaltungsvorlage eingearbeitet, welche dem Rat frühestens im Sommer des nächsten Jahres zur Entscheidung vorgelegt wird.
Einen Vordruck für Einwendungen bieten die Umweltverbände unter www.nabu-hagen.de im Internet an.
Westfalenpost, 21.10.2005
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