Debatten in der Donnerkuhle
Es ist das alte Lied an diesem Mittag im großen weißen Partyzelt im Steinbruch an der Donnerkuhle. Arbeitsplätze contra Umweltschutz. Mal klingt es leise, mal laut. Und dann erwachsen sie wieder die Vorurteile: Für drei seltene Käfer fallen 1000 Arbeitsplätze weg.
In diesem Moment hält Hildegund Kingreen, für die Grünen im Rat, nichts mehr auf ihrem Stuhl: "So einfach ist das hier nicht. Worum es geht, ist Nachhaltigkeit. Um Gerechtigkeit gegenüber den folgenden Generationen. Wer das kleinredet, dem sind die eigenen Enkel egal." Dann forderte die engagierte Grüne und Umweltschützerin, was alle in der Podiumsdiskussion zuvor versprachen: ein verantwortungsvolles Vorgehen.
Denn die Teilnehmer an den Mikrofonen - ob Ralf Blauscheck von der Kreisgruppe Hagen des Bundes für Umwelt- und Naturschutz oder Thomas Sieben, Geschäftsführer der Rheinkalk GmbH - eint das Wissen: 19 von 21 Hektar, auf denen Rheinkalk erweitern will, sind FFH-Gebiet (Fauna, Flora, Habitat). In ihrer Existenz bedrohte Tiere und Pflanzen leben hier nicht. Aber: "Für Hagen", so Thomas Sieben, "bedeutet das eine erhebliche Beeinträchtigung." Das Unternehmen will und muss Ausgleich leisten, wenn die Erweiterung (kistenweise Unterlagen sind längst bei der Stadt eingereicht) genehmigt wird. Ein eigens von Rheinkalk bei der Firma "Sustain Consult - Beratungsgsellschaft für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung" in Auftrag gegebenes Gutachten hat ergeben: Bei dem jetzt bedrohten Buchenwald auf Kalkboden handelt es sich um ein absolut hochwertiges Schutzgebiet. Wenn Rheinkalk nicht erweitern darf, stehen spätestens 2013 rund 1000 Arbeitsplätze (250 bei Rheinkalk selbst, 750 bei Partnern) auf der Kippe. Standortwechsel oder Abbaualternativen kommen nicht in Frage.
Wird der Steinbruch erweitert, ist der Erhalt des Unternehmens bis 2029 gesichert. "Die Belegschaft ist beunruhigt", sagt Betriebsratsvorsitzender Peter Arnusch, "wir brauchen dringend Planungssicherheit. Mit Familienmitgliedern wären rund 4000 Menschen von einer Schließung betroffen."
Immerhin: Umweltschützer und Rheinkalk-Verantwortliche reden miteinander, tauschen Argumente aus. Und das soll während des gesamten Verfahrens so bleiben. "Wir hatten heute eine intensive Diskussion mit kritischen Beiträgen", sagt Thomas Sieben, der bis Ende 2006 auf die Genehmigung für die Erweiterung hofft, "dazu sind wir auch künftig bereit. An einigen Punkten, die wir heute gehört haben, werden wir kurzfristig bei uns im Haus arbeiten."
Von Jens Stubbe
Westfalenpost 01.07.2005
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