Arbeitsplätze nicht als "Totschlagargument" nutzen
Zu den Leserbriefen und Stellungnahmen zum Thema Steinbruch Donnerkuhle schreibt die Ratsvertreterin der Grünen, Hildegund Kingreen:
Es ist verständlich und Aufgabe der IG Bergbau-Chemie-Energie, sich für den Erhalt der Arbeitsplätze einzusetzen. Niemand von den Erweiterungsgegnern geht über dieses Argument leichtfertig hinweg. Nicht seriös ist allerdings die Argumentation, nach 13 Jahren würden aus allen Rheinkalk-Mitarbeitern Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger. Nach diesem Zeitraum werden immerhin ein Teil der Arbeitnehmer im Rentenalter sein, Ingenieure und Facharbeiter werden bei dem zunehmenden Facharbeitermangel auf Grund der demographischen Entwicklung weiterhin Beschäftigung finden.
Eine sichere Arbeitsplatzperspektive für 13 Jahre ist etwas, was die meisten Menschen heutzutage nicht haben. Wenn auch diese Perspektive nicht sicher ist, so liegt es daran, dass für die Zeitdauer der Abgrabung nicht arbeitsmarktpolitische Erwägungen den Ausschlag geben, sondern betriebliche Interessen eines international arbeitenden Konzerns. Denn angesichts eines weltweit rückläufigen Bedarfs an Sinter-Dolomit ist überhaupt nicht klar, dass der Standort Hagen nicht schon aus betrieblichen Gründen zur Disposition gestellt wird. Im schlechtesten Falle wäre nach erteilter Genehmigung der Wald schon abgeholzt, wenn Rheinkalk trotzdem aus völlig anderen Gründen den Abbau in Hagen in einigen Jahren einstellt.
Erstaunlich, dass immer behauptet wird, hochwertigen Dolomit gäbe es nur hier. Meine Auskunft in Fachkreisen hat ergeben, dass reichlich Lagerstätten vorhanden sind, sowohl in Europa wie auch weltweit.
Arbeitsplätze dürfen nach meiner Auffassung nicht als Totschlagargument herhalten. Der Schutz der Natur ist ein hochrangiges Anliegen. Deswegen verlangt der Gesetzgeber ja eine sorgfältige Abwägung.
Wenn der Erhalt von Naturschutzgebieten nur eine Sache von Natur-Romantikern wäre, hätte wohl nicht die Europäische Gemeinschaft eine verbindliche Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume erlassen, die Flora-Fauna-Habitat - Richtlinie, kurz FFH-Richtlinie genannt. Naturschutz dient dem Erhalt der Lebensgrundlagen, nicht nur für Tiere und Pflanzen, sondern für die Menschen. Ein Wald und besonders ein Naturschutzgebiet von höchstem Rang gehört auch den nachfolgenden Generationen. Der Steinbruch hat bereits riesige Waldflächen vernichtet. Auch sind schon schwerwiegende Folgen aufgetreten wie das Versiegen von Quellen.
Die Gutachter haben daher auch festgestellt, dass der Abbau von Kalkgestein regelmäßig eine Beeinträchtigung, wenn nicht Zerstörung besonders hochwertiger natürlicher Lebensräume mit sich bringt, die nicht an andrer Stelle wieder hergestellt werden können. Wir müssen abwägen, was erhalten bleiben soll: Ein nachweislich unwiederbringliches Naturschutzgebiet für kommende Generationen oder eine begrenzte Zahl befristeter Arbeitsplätze, die spätestens im Jahr 2029 komplett abgebaut sein werden.
Hildegund Kingreen
Am Teich 5
58093 Hagen
Westfälische Rundschau, 02.12.2005
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