Großer
kleiner Mann
Hagen. Er war der große Mann der Nachkriegszeit in Hagen.
Vor 50 Jahren wurde Fritz Steinhoff Ministerpräsident des
Landes Nordrhein-Westfalen, vor 60 Jahren Oberbürgermeister
der Stadt. Am Montagabend wurde an den gebürtigen Wickeder
im Kulturhof Emst erinnert.
Es lohnt sich, sich und andere an Fritz Steinhoff zu erinnern. "Wenn
man so einen großen Bürger im Ortsverein gehabt hat,
dann muss man etwas tun", fand Jörg Meier. In diesem
Sinne organisierte der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Emst-Bissingheim
mit AWo und VHS eine interessante Veranstaltung im Kulturhof Auf
dem Kämpchen. In direkter Nachbarschaft hatte der SPD-Politiker
und Ehrenbürger Hagens gelebt.

Ein überaus spannendes
Leben, das der Mönchengladbacher Historiker Sebastian
Hösel skizzierte . Vom Bergarbeiterjungen aus Wickede, der
schon früh etwas zum Lebensunterhalt der 13-köpfigen
Familie beitragen musste, später selber Bergmann, dann,
im I. Weltkrieg, Marinesoldat war. Die Erlebnisse im Krieg führten
ihn zur SPD. Von Anfang an habe sich Steinhoff sach- und vernunftorientiert, "staatsbejahend" politisch
engagiert.
Ein junger Mann von bemerkenswerter Auffassungsgabe, der schließlich
die Parteiakademie in Frankfurt/Main besuchte, stets an Bildung
und Weiterbildung interessiert war.
Einiges politisches Handeln in späteren Jahren als Oberbürgermeister
Hagens sowie als Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens lässt
sich aus dieser Vita ableiten. Steinhoff war stets sozial engagiert,
setzte sich dafür ein, dass in Hagen und Nordrhein-Westfalen
in Bildung und Kultur investiert wurde.
Einige, die Steinhoff zu dessen Lebzeiten begleitet oder wenigstens
einmal getroffen haben, waren am Montagabend auf Emst dabei. Die
frühere Bundestagsvizepräsidentin Lieselotte Funcke (FDP)
etwa, auch der WR-Redakteur im Ruhestand Horst Kniese war gekommen.
Natürlich auch Steinhoffs langjährige Sekretärin
Erika Korzer. Politprominenz der SPD: Rene Röspel (MdB), Oberbürgermeister
Peter Demnitz, auch der Landtagsabgeordnete Wolfgang Jörg
und sein Vorgänger Wilfried Kramps, der amüsant seine,
wenn auch kurzen, Begegnungen mit Steinhoff schilderte. 1965 etwa,
als Kramps Parteisekretär in Hagen wurde und Steinhoff ihn
musterte: "So, so, du willst Parteisekretär in Hagen
werden. Das ist ein ganz heißes Pflaster", habe Steinhoff
ihm auf den Weg gegeben. Er musste es wissen. Wie für Kramps
war es auch für Fritz Steinhoff der erste Job in der SPD.

Kein Zufall, dass neben der Liberalen Liselotte Funcke auch die
amtierende CDU-Kreisvorsitzende Carmen Knollmann den Weg zur Veranstaltung
fand, denn Steinhoff war ein Mann, der den Dialog suchte. Dass
er ihn - zumindest in Hagen - in besonderer Weise fand, ist belegt.
Wie sonst hätte es angehen können, dass Steinhoff zum
Oberbürgermeister an der Volme gewählt wurde. Damals
war die CDU noch stärkste Fraktion in der Stadt, dennoch verzichteten
die politischen Gegner auf einen Kandidaten, weil sie von Steinhoff
als erstem Bürger überzeugt waren. Großes, heute
beinah unvorstellbares Vertrauen in die nur körperlich kleine
Person.
In jedem Fall eine Gedenkfeier wert. Eine besonders feierliche
Note bekam der Abend schließlich durch das Querflötenspiel
der jungen Schülerin Katharina Mücke.
21.02.2006
Jens Helmecke
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