Natürliche Höhlen gibt es
im Stadtgebiet von Hagen überall dort, wo der Untergrund aus
Kalkstein besteht. Kalkstein durchzieht aus der Richtung Wuppertal
und Schwelm her das Ennepetal bei Haspe und Wehringhausen in einem
stellenweise nur sehr schmalen, etwa straßenbreiten Streifen.
Er reicht bis an das Volmetal heran und ist an einigen Stellen
sichtbar, so etwa am Goldberg, in einem Geländeeinschnitt
des Jahn-Sportplatzes und im Selbecketal am Krähnocken. Östlich
des Volmetals wird dieser Gesteinszug plötzlich sehr breit,
etwa 1 -2 km. Von der Rembergstraße, am Markt und an der
Volmetalstraße entlang erstreckt sich diese Gesteinsschicht
bis Delstern. Von hier verläuft ihre südliche Grenze über
die Linie Volmeburg - Staplack - Holthausen - Hohenlimburg und
weiter Richtung Iserlohn. Die nördliche Grenze ist durch das
Tal gekennzeichnet, das von der Rembergstraße und in seiner
Fortsetzung von der Eppenhauser und der Hohenlimburger Straße
durchzogen wird. So liegt das gesamte Gebiet von Emst, Haßley,
Holthausen und ein großer Teil von Hohenlimburg auf Kalkstein.
Dieser ist an zahlreichen Stellen in ehemaligen oder heute noch
betriebenen Steinbrüchen gut zu erkennen.
Kalkstein
entstand in unserem Raum vor etwa 350 Millionen Jahren als Ablagerung
eines wärmeren Meeres. Die Ablagerungen von Kalkschlamm und
Skeletten kleinerer Meerestiere inmitten von Korallenriffen bilden
in unserem Raum Gesteinspakete, die bis 1000 m mächtig sind.
In dem ehemaligen Riff eines Meeressaumes sind noch viele Abdrücke
von Tieren zu finden, die es einst aufgebaut haben: Korallen, Muscheln,
Armkiemer u. a. Man nennt solche Abdrücke Fossilien.
Wenn
man eine natürliche Kalkstein-Felswand betrachtet, die schon
lange den Einflüssen der Witterung ausgesetzt war, so fällt
auf, daß sie von vielen kleinen Rinnen und Spalten durchzogen
und von Einbuchtungen und Löchern durchsetzt ist. Diese "zerfressen
aussehende natürliche Oberfläche des Kalksteins ist ein
Ergebnis seiner besonderen Verwitterung, der "Lösungsverwitterung".
Kalkstein wird - wenn auch langsam -- schon durch schwache Säuren
chemisch aufgelöst. Solche Säuren sind als Kohlensäuren
und Humussäuren im Regen- bzw. Sickerwasser enthalten. Stärker
noch als an der Oberfläche wird das Gestein an bestimmten
Stellen im Gebirgsinneren gelöst, und zwar dort, wo das Wasser
von der Oberfläche schnell in den Untergrund versickert: an
Spalten und Klüften und besonders da, wo sich zwei Klüfte
schneiden. Wenn solche Hohlräume im Gebirgsinneren von unterirdischen
Fluß- und Bachläufen lange Zeit durchflossen werden,
können sie sich noch beträchtlich erweitern.
Solche
früheren "Flußhöhlen" durchziehen das
Kalkgebirge vor allem an den Flanken beiderseits der Bach- und
Flußtäler. Zusammengehörige Höhlensysteme
liegen dabei in etwa gleicher Höhe über dem heutigen,
tiefer eingeschnittenen Talboden.
An
den Decken und Wänden der Höhlen tropft das an feinen
Rissen oder Fugen austretende Sickerwasser ab. Die gelösten
Kalkreste in diesem Wasser bleiben hier als Tropfstein zurück
und wachsen langsam zu langen Deckenzapfen (Stalaktiten) oder zu
vorhangähnlichen Sinterfahnen herab. Aus den Rückständen
der zu Boden fallenden Tropfen bilden sich Sinterdecken, die den
Kalkstein überkleiden, oder es wachsen Tropfsteine zu schlanken
oder kegelförmigen Bodenzapfen (Stalagmiten) heran. Auf diese
Weise können sich mächtige Säulen (Stalagmiten)
bilden. Solch große Tropfsteingebilde können eine "Wachstumszeit" von
Zehntausenden von Jahren hinter sich haben.
Im
Hagener Kalkgebiet mag es einige Dutzend Höhlen geben, die
wenigstens streckenweise begehbar sind. Genau voneinander abgrenzen
kann man sie kaum, da sie durch Kluftsysteme zum großen Teil
miteinander in Verbindung stehen.
Die größte Höhle ist die Volmehanghöhle am Ausgang des
Wasserlosen Tales zur Volmetalstraße, unterhalb der neuen Stadthalle.
Die bisher bekannten Klüfte, Spalten, Gänge, Hallen und Grotten sind
mehr als 1 km lang, davon sind ca. 700 m genau vermessen.
Weitere
Höhlen liegen an der Emster Hardt, an der Volmeburg, in Eilpe,
in Holthausen (Weißenstein und Hünenpforte) und in Hohenlimburg.
Unterirdische Wasserläufe
In
Landschaften, deren Untergrund aus Kalkstein besteht, wird man
vergebens nach oberirdischen Wasserläufen suchen. "Bäche" können
hier allerdings kurzzeitig fließen, etwa nach starken Regen
oder nach der Schneeschmelze. Während des größten
Teils des Jahres aber versickert das Regenwasser in den zahlreichen
Spalten und Klüften des Kalkgesteins. So sind alle von der
Emster Hochfläche ins Volme- und Lennetal hinabführenden
Täler "wasserlose Täler"; man nennt sie Trockentäler. Außer
dem "Wasserlosen Tal" sind auch das Elmenhorsttal mit
der unteren Berghangstraße, das Volmeburgtal, das Tal an
der Donnerkuhle und viele andere kleine Täl chen und Geländeeinschnitte
solche Trockentäler. Am Südrand des Hagener Kalkgebietes
liegt das Milchenbachtal. Es erstreckt sich von der Höhe am
Kattenohl entlang der Hünenpfortenstraße bis nach Holthausen.
Hier vereinigt es sich oberhalb der Hünenpforte mit dem Holthauser
Bachtal. Der Milchenbach verhält sich ebenso wie der größere
Holthauser Bach oberirdisch wie ein "normales" Fließgewässer,
so lange er durch das Schiefergebiet fließt.
Illustration: Achim Grintsch und Karin Rechenberger
Sobald
die Bachläufe jedoch das Kalkgestein erreichen, versickern
sie in seinen Klüften und Hohlräumen durch Schlucklöcher.
Solche Versickerungsstellen können in Felsspalten liegen oder
auch in trichterförmigen Einbruchstellen. Man nennt sie Dolinen.
Unterhalb dieser Schlucklöcher fallen die Täler trocken.
Wo
bleibt nun das Wasser, das in solchen Bachschwinden versickert?
Am Rande des Lennetals, in das der Holthauser Bach und der Milchenbach
fließen, kann man die Lösung dieser Frage erkennen.
Hier tritt Quellwasser an der Hünenpforte und am Fuße
des Weißensteins, unmittelbar am Rande der Bundesstraße
7, als "Barmer Teich" wieder hervor. Dieses Quellwasser
strömt das ganze Jahr hindurch mit etwa gleichmäßiger
Schüttung aus dem Felsmassiv hervor, und zwar mit gleichbleibenden
Temperaturen: im Sommer liegen sie bei 10° C, im Winter bei
etwa 8° C. Das Wasser muß also längere Zeit in unterirdischen
Hohlräumen des Kalkgebirges gespeichert werden.
Daß dieses
Quellwasser dasselbe Wasser ist, das in den Schlucklöchern
verschwindet, läßt sich beweisen: Man färbt das
versickernde Wasser und sieht dann Tage später verfärbtes
Wasser aus den Quellen treten.
Quelle:
Hagener Heimatbuch
© 1981. August Babel Verlag, Düsseldorf |