Emst. Die Fernwärmekunden aus Emst fühlen sich vorgeführt. Sie sind wütend und misstrauisch. Dienstag machten sie ihrem Ärger Luft.
Einen solchen Andrang hatte das Gemeindehaus der katholischen Kirche lange
nicht gesehen. Die vom heimischen Versorger Mark-E angekündigten Preiserhöhungen
um bis zu 100 Prozent hatte die Fernwärmekunden zahlreich in den Pfarrsaal
strömen lassen. Bereits zwanzig Minuten vor Veranstaltungsbeginn war
auch der letzte der gut 200 Sitzplätze belegt. Die Emster drängten
sich auf der Empore und im Vorraum. Einige gingen bereits vor der Begrüßung
enttäuscht nach Hause. Die Kapazitäten der alten Kirche waren schlicht
erschöpft.
Eingeladen zur Bürgerversammlung hatte der SPD-Ortsverein Emst. Und so mühte sich Ratskandidat Jörg Meier redlich, die aufgeheizte Stimmung unter Kontrolle zu halten. Lautstark machten die Emster deulich, was sie von den drastischen Preiserhöhungen halten. Für die Vertreter von Mark-E kam die Veranstaltung einem Gang nach Canossa gleich.
"Wir sollen einen Vertrag zeichnen, der sittenwidrig ist, der an Wucher oder Erpressung erinnert", erregte sich Dr. Hans-Otto Lammers. Er räumte ein, dass es schwer falle, sachlich zu bleiben. Lammers sprach von modernem Raubrittertum und stellte ob der plötzlich klaffenden Deckungslücke die Frage: "Waren die Stadtwerke denn Vollidioten oder Verbrecher?"
Die Fernwärmekunden eint der Wunsch nach mehr Transparenz des Zahlenwerks und nach Versorgungssicherheit zu angemessenen Preisen. "Wer garantiert uns denn, dass die Preise in zwei Jahren nicht noch einmal deutlich angehoben werden, oder dass das Blockheizkraftwerk geschlossen wird?" Die Kündigung der Verträge sei ein Ausstieg aus der Preisgleitklausel. "Da wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet", meinte der Rechtsanwalt des Mietervereins Franz Michalek. Er meldete Zweifel an Kündbarkeit bzw. an Kündigungsfristen der Altverträge an.
Derweil sind sich die Emster durchaus bewusst, dass sie derzeit günstige Wärmeenergie beziehen. "Dass eine Erhöhung kommt, weiß hier jeder. Aber 80 bis 100 Prozent innerhalb von wenigen Monaten - das geht gar nicht", formulierte Kunde Harold Stindt.
Letztlich verständigte man sich darauf, den Dialog in kleinerer Gruppe fortzuführen. Den Arbeitsauftrag formulierte Hugo Funke aus der Max-Planck-Straße: "Problemfelder sind Fragen der Vertragskündigung, Inhalte des neuen Vertrages, sowie die alten bzw. neuen Preise." Fachleute aus den Reihen der betroffenen Emster sollen nun als Unterhändler fungieren. Falls man zu keiner gütlichen Einigung kommt, droht der Klageweg.
Gastgeber Jörg Meier begrüßte das Ergebnis: "Wir wussten, dass die Probleme nicht an einem Abend zu lösen waren. Allerdings freue ich mich, dass nun eine Entwicklung in Gang kommt."
Westfalenpost, Torsten Berninghaus