Hagen (ME) Die Opposition im Hagener Rat (Büdnisgrüne und SPD) ist dagegen, die Regierungskoalition, sprich CDU und FDP, dafür. Und da Christ- und Freidemokraten nun mal die Mehrheit haben, scheint der Verkauf der städtischen Wohnungsgesellschaft HGW über kurz oder lang Realität werden.
Viele HGW-Mieter indes wollen die CDU/FDP-Entscheidung nicht akzeptieren und starten jetzt nach Worten ihres Sprechers Jürgen Klippert zunächst eine Unterschriftenaktion und dann den Versuch, den Verkauf mittels eines Bürgerentscheids doch noch zu stoppen. Unterstützt wird die "Bürgerinitiative für den Erhalt der Hagener Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (HGW)" von der SPD und insbesondere auch vom Hagener Mieterverein unter seinem Vorsitzenden Klaus Budde (der wk berichtete).
Doch nicht nur Mieter, Bündnisgrüne, Sozialdemokraten und CDU-Mann Klaus Budde sind längst zu dem Ergebnis gelangt, dass ein HGW-Verkauf schädliche Auswirkungen auf ganz Hagen haben wird, sondern auch ein Gutachten, das dem Wochenkurier vorliegt und das von der HGW-"Mutter" und gleichzeitigen Stadt-"Tochter" GIV (Gesellschaft für Immobilien der Stadt Hagen) intern für die Stadtverwaltung und OB Wilfried Horn gefertigt wurde.
Der Gutachter kam bereits vor über sieben Wochen zu dem Ergebnis, dass bei einem Verkauf "erhebliche Belastungen in der Zukunft in Kauf genommen würden". Und dass "unter langfristigen Nutzen-Kosten-Gesichtspunkten eine solche Handlungsalternative ungünstig erscheint". Zu gut deutsch: Der Verfasser ges Gutachtens - übrigens ein Mitarbeiter der GIV - rät dringend dazu den Verkauf möglichst nicht zu tätigen, zumal sonst "die Stadt ein wesentliches Handlungs- und Gestaltungsinstrument verliere".
Zudem sei zu befürchten, dass ein Investor "nicht das Ziel einer langfristigen Werterhaltung des Gesamtbestandes" verfolgt, denn: "Die am Erwerb der HGW interessierten Anbieter nennen Kaufpreise um die 200 Millionen Mark. Für die Refinanzierung eines solchen Kaufpreises benötigt ein Investor bei einer unterstellten (äußerst günstigen) Finanzierungsbelastung von nur 5 Prozent rund 10 Millionen Mark Liquidität. Die HGW müsste danach also vor Körperschaftssteuern durchschnittlich eine Gewinnausschüttung von rund 13,9 Millionen Mark pro Jahr erwirtschaften, Netto 10,4 Millionen Mark." Die aktuelle Gewinnausschüttung beträgt aber nur 5,2 Millionen Mark.
Unterm Strich bedeutet dies nichts anderes, als dass ein Investor zusehen muss, wie er weitere fünf bis acht Millionen Mark aus der HGW herausschlägt. Das wiederum habe laut Gutachter garantiert zur Folge, dass die "Geschäftspolitik" des Unternehmens verändert werden müsse. Es sei davon auszugehen, dass die systematische Verwertung von Grundstücken und Gebäuden angestrebt werde: zum Beispiel der Verkauf von Eigentumswohnungen, Abriß, Neubau, Verkauf von Alt- bzw. Neubauten oder Grundstücken. "Nur so können die in den Immobilienwerten enthaltenen stillen Reserven zum größten Teil mittel- bis langfristig" zu Geld gemacht werden.
Und da ein überregional tätiger Investor sich bei der Auswahl der Handwerker und Dienstleister nicht mehr am örtlichen Markt orientieren werde (so wie bisher die HGW), werde wahrscheinlich ein hohes Auftragsvolumen, das bis jetzt an die heimische Wirtschaft erteilt wurde, verloren gehen. "Damit könnten Arbeitsplätze verschwinden, entsprechende Steueraufkommensminderungen sind nicht auszuschließen".
Ferner befürchtet der Gutachter, dass der Investor - um Geld in die Kasse zu bekommen - dringend notwendige Instandhaltungsaufwendungen auf ein absolutes Minimum zurückfährt. Derzeit sei der Pflegestandard bei der HGW eh schon "nur durchschnittlich", aber der Aufwand hierfür werde mit Sicherheit noch weiter gemindert. Außerdem müsse man davon ausgehen, dass die meisten Investoren das Ziel verfolgen die HGW-Immobilien "nur so kurz wie möglich im eigenen Bestand zu halten", weil: "Erlöse aus Wohnungsverkäufen führen zu erheblichen Ertrags- und Liquiditätsverbesserungen."
Und falls die Stadt im Sinne habe, möglichst viele "Sperrklauseln" oder Bedingungen in einen Vertrag einzubauen müsse man von einer erheblichen Ertragswertminderungen ausgehen - dann sei das Unternehmen allenfalls noch 75 bis 100 Millionen Mark wert.
Der Gutachter kommt zu einem eindeutigen Fazit: "Eine Veräußerung
der Anteile an der HGW würde neben einem nur einmaligen Haushaltszufluß unabwendbare
Folgen für die wohnungs- und sozialpolitische Handlungsfähigkeit
verursachen, die später nicht mehr rückgängig zu machen wäre."