Betr.: Ihr Bericht "Halle, HGW und Hinterfahrung im wk vom 03.10.2001
"Mit Victor Dücker, Uwe Leicht und Claus Thielmann reihen sich nun auch FDP-Kommunalpolitiker in die Laienspielschar ein, die im Verkauf der Hagener Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (HGW) den einzigen Ausweg aus der finanziellen Misere dieser Stadt sieht. Immerhin könnte mit dem Kaufangebot von 330 Millionen Mark der Schuldenberg schneller abgetragen werden. Und da sei es doch höchst unverantwortlich, wenn man bei den Mietern der rund 5800 HGW-Wohnungen Angst schüre oder gar in Panikmache verfalle.
Das dürften die Mieter der HGW wohl etwas anders sehen, denn im Gegensatz zu den FDP-Politikern sind diese sich durchaus der Gefahr bewußt, daß sie mit nicht unerheblichen Mietpreiserhöhungen zwischen 30 und knapp 58 Prozent rechnen müßten. Theoretisch, denn nach dem neuen Mietrecht sind Erhöhungen innerhalb von drei Jahren nur bis zu einer Kappungsgrenze von 20 Prozent möglich. Also muß nach anderen Deckungsmöglichkeiten - Instandhaltung, Verkäufe - gesucht werden. Selbst flüchtige Leser konnten einem der letzten HGW-Jahresabschlüsse entnehmen, daß - ohne Berücksichtigung der 2237 Sozialwohnungen (hier gilt das Kostenmietprinzip) - nur rund 33 Millionen Mark an Kalt-Mieteinnahmen zu Buche standen.
Da bei den beiden vorliegenden - nach unserer Ansicht völlig inakzeptablen - Angeboten der Essener und Kölner Unternehmen, die zunächst einmal den Anschein von Immobilienhaien und Spekulanten abgeben, davon ausgegangen werden kann, daß die 200 beziehungweise 210 Millionen Mark finanziert werden müssen, fällt eine zusätzliche Zinsbelastung von etwa zehn Millionen Mark an. Schon die können nur durch eine 30prozentige Mieterhöhung aufgefangen werden. Das alles bei einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 65 Quadratmetern und etwa 7,50 Mark Mietpreis pro Quadratmeter. Wird eine durchschnittliche Steigerung auf 8,50 Mark pro Quadratmeter erreicht, muß zur Deckung der Finanzierung theoretisch sogar eine Anhebung der Miete um 58 Prozent angesetzt werden.
Das Ganze unter Zugrundelegung des tatsächlichen Wertes der HGW, der nach unseren Berechnungen zwischen 475 Millionen und 540 Millionen Mark liegt. Im Mittelwert von 500 Millionen Mark bedeutet das eine Steigerung der Zinsbelastung (nach den 120 Millionen Altschulden mit etwa fünf Millionen Zinsen) sogar um weitere 19 Millionen Mark.
Immerhin haben die FDP-Spre-cher erkannt, daß 330 Millionen (weshalb verschweigen sie, daß darin die Übernahme von Verbindlichkeiten in Höhe von 120 Millionen Mark enthalten sind?) 'nicht viel sind' und auf den Quadratmeterpreis umgerechnet nur knapp 900 Mark pro Wohnung herauskommen. Rechnet man jedoch mit dem tatsächlichen Wert der HGW, bewegt sich der Quadratmeterpreis zwischen 1260 und 1428 Mark. Nach Umwandlung in Eigentumswohnungen (je nach Alter und Ausstattung) läßt sich durch Spekulationen auf dem Markt ein Verkaufspreis zwischen 1900 und 2700 Mark erzielen, also bis zum Dreifachen.
Wenn wir davon ausgehen, daß sowohl die beiden Unternehmen - oder jeder andere Interessent - einen Kauf über Banken finanzieren müssen, bleiben nur ein Zurückfahren der Instandhaltung von jährlich etwa elf Millionen Mark auf die Hälfte, ein Stop beim Neubau und letztlich erhebliche Verkäufe von Wohnungen, Häusern und Grundstücken übrig.
Wir prognostizieren darüber hinaus, daß das bisher moderate Niveau des Hagener Mietpreisspiegels ins Wanken geraten wird. Nicht nur die HGW-Mieter, sondern weitere gut 60.000 Hagener Mieter im freifinanzierten Wohnungsbau werden betroffen sein."
Klaus H. Budde 1. Vorsitzender Mieterverein Hagen e.V.
Wochenkurier Sonntag, den 07.10.2001